Zur Geschichte des Ortes Erdeborn
„Die meisten Menschen sind nicht imstande, etwas jetzt Bestehendes als geworden sich vorzustellen und haben demnach keine Ahnung von geschichtlichem Werden und allmählicher Entwicklung. Aber nur wer gedankenlos und nur für den Augenblick lebt, kann wähnen, so, wie es zu seiner Zeit ist, sei es von jeher gewesen und so wird es immerdar sein. Das es aber ganz anders gewesen ist, zeigt uns die Geschichtsforschung, wenn wir an ihrer Hand die Jahrtausende durchwandern.
Freilich kümmern sich viele, die lediglich dem Erwerb und niederem Genuss hingegeben sind, nicht im geringsten um die Vergangenheit ihres Wohn- und Geburtsortes. Für solche hat nur die Gegenwart Wert. Aber kann es wohl, um mit Goethe zu reden, einen höheren sittlichen Genuss geben, als wenn ein Mensch mit aufgeschlossenem geschichtlichen Sinn die Sprache des geschichtlichen Lebens, welche die Steine – aber nicht nur diese – reden, ganz unwillkürlich auf Schritt und Tritt vernimmt? Und verdienen demnach die auf die Aufhellung der Vergangenheit gerichteten Bestrebungen nicht die Aufmerksamkeit und Unterstützung aller, im besonderen aber der städtischen und sonstigen Behörden?
Dem gegenüber kann man allerdings fragen: Lässt sich denn überhaupt etwas über das Werden eines Ortes ermitteln, dessen Entstehung in eine geschichtlich dunkle Zeit zurückreicht? Gleicht nicht die Urzeit der Nacht , in der alle Kühe schwarz sind, so dass man die Eigentümlichkeit keiner deutlich erkennen kann? Wohl scheint das so; auch Erdeborns Vorzeit ist anscheinend in undurchdringliches Dunkel gehüllt; darum tröstet sich auch ein alter Chronikenschreiber der Stadt Eisleben, Eusebius Christian Francke, der nicht weiß, wie er dem Mangel geschichtlicher Nachrichten abhelfen soll, im Jahre 1726 folgendermaßen:
„Ob nun wohl der Ursprung und die eigentliche Derivation der Stadt Eisleben
nicht zu erforschen, so schadet solches besagter Stadt so wenig,
als anderen Städten die gleiche Fatalitäten haben.“
Das ist freilich einerseits nicht richtig, andererseits aber, wenn es richtig wäre, ein magerer Trost; auch wäre es doch schade, wenn sich gar nichts hierüber erforschen ließe. Aber wir müssen nur richtig fragen, so erhalten wir auch eine leidlich befriedigende Antwort, sogar wenn wir zurückgreifen ins Dunkel der Urzeit, in welche keine schriftliche Aufzeichnung zurückreicht. Denn wenn auch keine Chronik es aufgezeichnet hat, warum gerade an dem Orte, wo Erdeborn liegt, eine Menschliche Ansiedlung gegründet worden ist, so gibt es doch Urkunden anderer Art, welche darüber Aufschluss geben und eine so belehrende Sprache sprechen, wie irgendeine Pergamenturkunde. Das ist die Beschaffenheit der Erdoberfläche, die Beschaffenheit des Bodens und der Name des Ortes samt der Namen der umliegenden Dörfer und Flurorte, die in Ermangelung eigentlicher, geschichtlicher Nachrichten die älteste und zugleich zuverlässigste Quelle unserer geschichtlichen Erkenntnis sind oder doch sein können. Fragen wir also zunächst:
S e i t w a n n b e s t e h t E r d e b o r n ?
Zu dieser Frage haben in der Vergangenheit einige wenige versucht den Schleier der dunklen Vergangenheit wegzureißen. Im nachfolgenden werden diese Versuche aufgeführt. Wir danken hier für die Mühe, welche zur Erlangung dieses Zieles diese Personen auf sich genommen haben.“ So im einzelnen Pfarrer Hermann Heine, der sich mit der Geschichte des Dorfes Erdeborn sowie mit den Mansfelder Seen beschäftigte. Auch Pfarrer Karl Axenfeld, welcher dazu beitrug, dass auch die Familie Theuerjahr nicht vergessen wird. Sowie allen anderen die sich um die Erdeborner Geschichte bemühten.