– Soolquellen bey Erdeborn –

von Otto Beßler (Jahr unbekannt)

Vorbemerkung.
Das Chlornatrium oder Kochsalz, unser wichtigstes Gewürz, wurde gewiss schon zu Beginn unserer Zeitrechnung in Halle gewonnen. Blutige Kämpfe standen zwischen den Sorben und den hier ansässigen Volksstämmen um den Besitz der Salzquellen statt. Später nahmen die Halloren, in denen wir die letzten Reste des alten Keltenstammes zu erblicken haben, die Salzgewinnung in die Hand. Den Salzhandel betrachteten sie als ihr Monopol, was ihnen auch niemand streitig machte. Die „Salzstraße“ gibt Zeugnis von dem regen Verkehr nach Halle. Später trat Staßfurt als Mitbewerber im Salzhandel auf. Es ist unwahrscheinlich, dass unseren Vorfahren der Salzreichtum des eigenen Bodens nicht bekannt gewesen sein sollte. Kannte doch jeder den „gesalzenen See“ und man wird sich schon über die Ursachen seines Salzgehaltes Gedanken gemacht haben. Tatsächlich ist denn auch in der Umgegend Sole gefunden und Salz gewonnen worden. Wir hören darüber folgendes:

Etwas von den Salzquellen bei Erdeborn.

Das ehemalige Salzwerk bei Erdeborn soll, nach den alten Nachrichten, dem äußerlichen Ansehen nach in einer Sole hiezu geschickten Gesteins, gleich einem Erzgange oder streichenden Flöze von Holzzelle in die gesalzene See hinein, aus Abend in Morgen ihr Streichen haben.

Allernächst sind an diesem gesalzenen See zwei Brunnen von undenklichen Jahren, der dritte aber in gedachtem See nicht weit vom Ufer nach solcher Salzsoole abgesunken; auch hat man i. J. 1675 noch erkennen können, dass drei Salzkothen allda gestanden und daselbst Salz gesotten worden ist. Zu welcher Zeit dieses aber geschehen, kann nicht bestimmt werden, in dem schon die ältesten Einwohner des 1675. Jahres weder davon etwas gewusst noch von ihren Eltern gehört hatten, dass dieses Salzwerk in Betriebe gewesen wäre, außer das Cyriakus Spangenberg in seiner Mannsfeldischen Chronik gedenkt, das Anno 1443 der Salzbrunnen bei Röbningen, jetzt Reblingen, Herr Graf Günther zu gewältigen und zu bauen ungehindert erlaubt hätte. Item 1452 14 Tage ohngefähr nach dem heil. 3 Königstage habe sich Herr Graf Günther mit denen Prälaten und Städten in der Herrschaft wegen des Salzwerkes am gesalzenen See verglichen, davon in genannter Spangenbergs Chronik im 3. Buche (welches aber nicht in Druck gekommen) weiterer Bericht folgen sollte. Woraus erhellet, dass weit länger als vor 369 Jahren dieses Orts Salz gesotten worden, weil 1443 dieser Salzbrunnen als ein altes Werk eingegangen ist und obschon damals Herr Graf Günther zu Mannsfeld in dem vorgedachten geschlossenen Vergleiche wieder zu gewältigen und zu bauen ungehindert Erlaubnis erteilt hatte, so ist solches dennoch liegen geblieben. Es schreibt daher der Unterzeichnete nachstehende unter alten Papieren aufgefundene Nachricht , um sie vielleicht für die Zukunft nutzen zu können und solche nicht gänzlich verloren gehen zu lassen wörtlich hierher.

„Und ob auch gleich der Salzbrunnen bey den Oertern Reblingen und Erdeborn in Magdeburg. Hoheit liegen, so sind doch mehr genannte Salzbrunnen und selbe ganze Reviere weiln Salz unstreitig ein Mineral und zum Bergwerk als ein hoch Landesfürstl. Regal gezogen werden kann, in der ordentlichen Mannsfeldischen Berggränze, vielleicht wohlbedächtig, mit einbezirket, wovon die vorhandenen Acta zu Dresden, als Anno 1688 die ganzen Mannsfeld. Bergwerke, auf was Hoheit sie befindlichen vom damaligen Römischen Kayser wegen der Lehen und was in dem ersten Feuer seine Bonität giebt, hiervon der halbe Zehend an das Hochlöbl. Churhaus Sachsen etc. kommen, gründlichere Nachricht geben werden. Auf was Maaße und wie lange aber mehr und hochgedachter Herr Graf Günther auch dessen Erben und Nachfolger dieses Werk fort, oder warum es eingestellet ist unbewusst. Vor ein ungegründetes Thun ist es zu halten, wenn unterm gemeinen Mann vorgegeben werden will, ob hätte die Pfännerschaft zu Halle die Gerechtigkeit des Ortes Salz zu sieden, ausgekauft, welches so bloßer Dings und gleichsam in geheim, weil keines Orts hiervon etwas zu finden, aus vielen erheblichen Ursachen nicht geschehen können. Und da auch obgedachte Pfännerschaft etwas zu recht beständiges wider dieses Werk in Händen hätte, würde es dem fürstl. Magdebg. Hof- und Justizienrat Herrn Dr. Friedrich Holmdorf in der Anno 1670 von ihm mit sondern Fleiß in Druck gefertigten Beschreibung des Salzwerks daselbsten, desselben Thal-Ordnungen auch Freyheiten, Privilegien, Verträgen und Contracten, dieses ein nöthiges, gewißlich nicht sogar mit Stillschweigen übergangen sondern wie noch geringere Sachen beygebracht haben; dahero zu schließen, daß die Pfännerschaft zu Halle entweder gar nichts in Händen oder da sie ja etwas haben sollte, auf einem Fundament bestehen müsse, daß damit beständig nicht fortzukommen. Gleichergestalt ist ganz falsch und unerweißlich, wenn ein oder der andere von hier, als wenn er auch etwas wüßte, vorzugeben sich gelüsten lässet, wie die Hallorum von Halle von diesen an diesem Orte eingefallen und das Salzsieden nicht zulassen wollen.“

Erwogenen Umständen nach hat die sonderbare Lust zu dergleichen uns gleichsam animiret, den Grund zu erfahren, wie es mit denen Quellen beschaffen; haben also im Namen Gottes den oberen Quell auf der Höhe eröffnet und befunden, dass er von Tage nieder durch die Alten 50 Ellen in lauter schwimmenden Thone, 5 Ellen aber in einem weißgrauen milden Gesteine, wie Sandstein abgesunken und mit weichen Bohlen abgezimmert worden, welches Gezimmer von so langer Zeit noch allermeist gut und unbeweglich gestanden. In diesem milden Gesteine entspringet der Quell nicht aus der Tiefe sondern auf dem Gesteine, wie es sein Streichen hat und Eingangs erwähnet, fast eines Armes stark, jedoch in der Güte bei weitem nicht so reich als die Hallische Soole, halten sie aber vermittels eines Gradier-Werks allerdings für bauwürdig, wäre auch nicht zu zweifeln, wenn dieser Erste als ein ober- oder Tage-Flöz, welches die wilden Wasser noch auf und bei sich führet, durchsunken und sodann verwahret werden sollte, eine gute und viel reichere Soole zu ersinken, woran wir uns aber doch ohne genugsam habenden Befehl weiter nicht vergreifen, als dass wir von der Soole, wie sie beschriebenermaßen quillet, drei Bierfässer voll nach Eisleben führen, eine kleine eiserne Pfanne 1½ Ellen lang 5/4 Ellen weit und ¼ Elle hoch in Halle fertigen lassen, als unerfahrene Salzsieder allhier selbsten eine Probe gesotten und aus zwei solchen Pfannen Soole fast an die zwei Metzen hiesigen Maßes, Salz bekommen, welches an der Güte nicht zu verbessern, denn es an der Schärfe dem Hallischen vorgehet, die übrige Soole ist noch im Vorrate vorhanden. Weil nun ein mehreres wie gedacht, ohne Befehl zu tun uns keinesweges gebühren wollen; so haben wir alles bis dahin eingestellet. Damit aber auf welcherlei Wege es sei, diesem Werke weder Eintrag, Nachteil oder Schade zugezogen werden könne, ist der Brunnen von uns dreimal mit starken Bohlen verbühnet, auch von der obersten Bühne an über eines Mannes hoch zugestürzt und alles eben gemacht. Womit also dieses Werk bis zu gehöriger Verordnung und fernerweiten Fortstellung verschlossen und wohl verwahret worden. Diesem nach und wenn gleich durch des Höchsten gütigen Segen, solches so lange Jahre verschlossenes und edle Kleinod der hohen Obrigkeit und ganzen Grafschaft zu Nutzen in Stand gebracht werden sollte, wurde es doch in Wahrheit weder der ganzen Commune zu Halle oder der löbl. Pfännerschaft (wenn sie auch gesetzten Falles etwas vorschützten) und daher auch nicht Churfürstl. Durchl. zu Sachsen, daselbst habenden Floßnutzung einigen Eintrag noch Schaden nicht tun können. Denn es ist ja manniglich bekannt, die große Anzahl der Fuhren, welche durch Eisleben mit Holz, Waren beladen und hiesigem Bergbaue, wegen rechtsmäßigen Einkaufs guten Nutzen schaffen, nach Staßfurt gehet, von da Salz zurückbringet, die alle die Straßen bei diesen oft genannten Quellen vorbei und an die 7 Meilen weiter bis dahin fahren müssen, die Fuhrleute so allermeist beim Thüringer Walde herein von Gräfenthal, Thambach, Georgenthal und selber Orte kommen und Halle niemals berühren; daher auch denen Hallischen, wenn sie dieses Ortes laden würden, keinen Schaden verursachen können. Muß nun die Pfännerschaft zu Halle geschehen lassen, wie die specificirte und andern dergleichen Hallischen Straße entlegene freie Fuhre vor diesem Salzbrunnen vorbei durch Eisleben, jederzeit ungezwungen und unstreitig gegangen und noch gehet., alsda zu Staßfurt des Salz sich erholet und an genannte gelegene Orte verführet, wie will denn durch dieses Werk, wenn solche Fuhre künftig allda laden würde, abbesagter Floßcasse und Pfännerschaft einiger Schaden zuwachsen, sonderlich wenn auch äußerstenfalls dieser entlegenen Fuhre halber ein gewisser Schluss gemacht würde, dass ordentlicher Zoll- und Geleits halber, wäre auch nichts in Bedenken zu ziehen, denn je dahin, wo dieses Salz geladen würde, es als ein Beigeleite einzufordern wäre. Haben also die Beschaffenheit dieses Werks Eur X einfältig hinterbringen, alles zu dero ferneren reiferen Nachdenken übergeben.

Eisleben am 9. Mai 1675             Tobias Senff, L. Voigt und Martin Kersten.

Ew. X kann ich hiermit unterthänigst zu hinterbringen nicht unterlassen, dass mir Tobias Senff und Martin Kersten, resp. Bergvoigt und Hüttenverwalter allhier besagte Beifuge sub. t. zu vernehmen gegeben, wie sie in der Mannsfeldschen Berggrenze zwischen Erdeborn und Röblingen einen Salzbrunnen eröffnet und die Soole davon 3 Fuße (Fässer) anhero geführt, probiret und gefunden, dass sie zwar nicht so reich wie die Hallische, das Salz aber nicht besser sein könnte, als jenes an Schärfe übertreffe und weil noch 2 Brunnen weiter hinunter und nahe am Ufer des gesalzenen Sees sein sollen, halten sie davor, dass in denselben die Soole von den wilden Wassern reiner und also besser sein werde. Es befinden sich auch dabei etliche Anzeigungen, daraus abzunehmen, dass vor diesem um solche Gegend Kothen gestanden, in welchem dem Vermuthen nach Soole gesotten worden; wenn aber dieses geschehen und zu welcher Zeit sie verwüstet und das Sieden aufgehöret oder aus was Ursachen es geschehen, davon hat man keine Nachricht, mir ist auch nicht bewusst, dass, außer was von gedachten Bergvoigt und Hüttenverwalter von einen Anno 1443 zwischen den Herrn Grafen zu Mannsfeld aufgerichteten Vergleich und was nach demselben Graf Günther die Salzbrunnen bei Röblingen sonst Rebenungen genannt, zu wältigen und zu bauen ungewehrt verblieben, auch Spangenbergs Chronica angeführet, ich etwa gelesen hätte, so ist auch im Ober-Aufseher-Amte hiervon nicht die geringste Nachricht vorhanden. Ob nun wohl solches Salzwerk dem Vorgeben und Meinung nach, austräglich sein möchte, wird vom niemand in Zweifel gezogen, dass es unter den Bergwerke und denen Berggerichten mit begriffen und daher zu Ew. X in der Grafschaft Mannsfeld hohen Lehnstück gehöret, so wird doch angestanden ohne vorgehenden gnädigsten Special-Befehl die anderen Brunnen zu eröffnen und weiter in Bauen fortzufahren und zwar wohl nicht ohne Ursache; denn man sich zu besorgen, weil nur auf 2 Meilen von Halle solche Salzbrunnen und zwar in Magdeburgischer Hoheit gelegen, ohne Contradiction der Pfännerschaft daselbst, es vielleicht nicht ablaufen dürfte und da man quo ad Jus prohibendi das Salz-Sieden gleich auf ihrer Seite nicht gehindert, dennoch refacta geschehen und einige Ungelegenheiten geben könnte; sonderlich aber wäre daneben wohl zu überlegen, ob nicht hierdurch Ew. X Nutzung zu Halle Schaden zugefüget, wie auch dem Geleite allhier Nachteil erwachsen dürfte; denn wenn gleich die vom Thüringer Walde herabkommende Fuhre die bei solchen Salzwerke könnten Ladung haben und von Staßfurt nun abgehalten würden, dem Hallischen Salzwerke nichts präjudicirte, ist doch zu befürchten, das der Abgang des Salzes daher in Halle geschwächt werden möchte, weil vom Lande herum das Salz zu Erdeborn gesucht und das Hallische gar nicht mehr geachtet werden dürfte, sonderlich, wenn es einige Groschen oder was wohlfeiler fiele. Auch lässt sich zu Erdeborn, als in eines andern Herrn Hoheit, kein Nebengeleite anlegen, dass also unzweiflich der Abgang an Geleite zu besorgen; so finde auch unmaßgeblich zu erwegen, ob etwa Holzmangel sich ereignen würde, wenn das Salzwerk in bessern Schwung kommen sollte. Welches meiner unterthänigsten Schuldheit nach gemeine, im übrigen aber zu Ew. X Resolution, wie wegen des Anbaues solches Salzwerks zu Erdeborn sich zu verhalten unterthänigst stellen sollen.

Eisleben, den 15. März 1675              E. F. v. Selmnitz

Da sich nun die Umstände in mancherlei Hinsicht verändert haben, so wäre wohl zu wünschen, dass das solange verschollene Kleinod endlich wieder benutzt würde, zumal, da zwischen Erdeborn und Röblingen, auch Langenbogen, ein bedeutendes Braunkohlelager stehet, welches eine sehr wohlfeile Feuerung zu Salzsiedereien darbietet und wodurch vielleicht wohlfeiles Salz gewonnen und eine ziemliche Anzahl Menschen ihren Unterhalt verdienen könnten.

Eisleben, den 27. August 1812 J. G. F. Franke

Die Erschließung der Salzlager in der Umgebung des ehemaligen Salzigen Sees ist uns ja allen bekannt. (Adler Kaliwerke, Krügershall, Dittrichschacht, Georgischacht) Die Herkunft der Sole kann daher nicht zweifelhaft sein.

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